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Indonesien als Hochschul- und Forschungspartner

Internationale Chancen für baden-württembergische Hochschulen

Im Rahmen einer virtuellen Informationsveranstaltung stellte BW_i in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) den Hochschulmarkt Indonesiens und das Potenzial internationaler Kooperationen mit dem Inselstaat vor.

Wie hat sich der Hochschulmarkt Indonesiens entwickelt, und welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für eine Zusammenarbeit mit indonesischen Hochschulen? Vertreter*innen von 18 baden-württembergischen Universitäten, Hochschulen und pädagogischen Hochschulen erhielten am 22. Mai 2023 im BW_i-Webseminar „Hochschulmarkt Indonesien - Chancen und Herausforderungen für internationale Kooperationen“ Antworten auf diese Frage.

Hohes Interesse indonesischer Hochschulen an internationalen Partnerschaften

Dr. Guido Schnieders, Leiter der DAAD-Außenstelle in Jakarta, gab einen Überblick zu Indonesiens Hochschulmarkt. Der Inselstaat zeichnet sich laut ihm durch eine große Dynamik aus und gehört zu den Ländern mit dem am schnellsten wachsenden Anteil von 18- bis 24-Jährigen. Durch politische Veränderungen der letzten Jahre gibt es ein großes Potenzial für internationale Kooperationen: Im Zuge der 2020 eingeführten Hochschulreformen wurden neue englischsprachige Studiengänge eingerichtet, was zu einem höheren Interesse am Studierendenaustausch sowie an Doppelabschlussprogrammen führte. Ein gutes Beispiel dafür ist die ITS Surabaya, die bereits 17 internationale Undergraduate-Programme anbietet. Außerdem fördert die Reform des Forschungssystems aus dem Jahr 2019 dank höherer finanzieller Mittel internationale Kooperationen im Bereich der Wissenschaft.

In Indonesien sind viele Hochschulen hochinteressiert, mit Deutschland Partnerschaften aufzubauen.

Prof. Dr. Christian von Lübke Regionalbeauftragter für Südostasien an der HTWG Konstanz

Indonesien sticht durch kulturelle Vielfalt und Biodiversität heraus

Internationale Kooperationen mit Indonesien eröffnen viele Möglichkeiten. Eine erste Besonderheit stellt Indonesiens sogenannte „Unity in Diversity“-Kultur dar. So leben mehr als 100 Ethnien in Indonesien und es werden über 250 Sprachen gesprochen. Interkulturelle Erfahrungen lassen sich für deutsche Studierende demnach sehr gut dort sammeln. Fachlich bietet Indonesien deutschen Studierenden und Wissenschaftler*innen vor allem in den Bereichen Biodiversität, Klimawandel, Nachhaltigkeit und Energietransformation Chancen. Indonesien besitzt nach Brasilien die zweitgrößte Biodiversität der Welt und eine große marine und terrestrische Artenvielfalt. Darüber hinaus ist Indonesien seit der Beteiligung an der „Just Energy Transition Partnership (JETP)“ auf Unterstützung vom Ausland angewiesen, um die vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen.

Indonesien bietet sehr gute Möglichkeiten für interkulturelle Erfahrungen, und der Bildungshunger der Indonesier*innen ist groß.

Dr. Guido Schnieders Leiter der DAAD-Außenstelle in Jakarta

Deutschland rangiert als europäische Studiendestination für Indonesier*innen an zweiter Stelle

Umgekehrt ist das Interesse von Indonesier*innen an Auslandsaufenthalten sehr groß, da sich diese inzwischen mehr leisten können und die Nachfrage nach qualitativ hochwertiger Bildung gestiegen ist. So hat sich die Anzahl der in Deutschland studierenden Indonesier*innen seit 2012 verdoppelt, was Deutschland nach England zum zweitbeliebtesten Studienziel in Europa macht. Gefragt sind vor allem ingenieurwissenschaftliche, technische und praxisbezogene Studiengänge. Für Deutschlands Fachkräftemangel ist das ein Vorteil, da ein Drittel aller Indonesier*innen, die in Deutschland studiert haben, zehn Jahre nach ihrem Abschluss in Deutschland arbeiten.

Anbahnung von indonesischen Hochschulpartnerschaften

Prof. Dr. Christian von Lübke, Regionalbeauftragter für Südostasien und Professor im Studienprogramm Asian Studies and Management an der HWTG Konstanz, gewährte Einblicke in die Praxis von Hochschulkooperationen. Bei der Anbahnung von Studierendenaustausch, gemeinsamen Forschungsprojekten und Doppelabschlussprogrammen ist es wichtig, die gesellschaftlichen und strukturellen Kontexte der indonesischen Partnerhochschulen zu berücksichtigen:

  • Geduld, Offenheit und Flexibilität in der Kommunikation
  • Bei den ersten Anbahnungskontakten Vertrauen über persönliche Gespräche aufbauen (Familienhintergründe, gemeinsame Interessen) und auf dieser Basis Fachgespräche einleiten
  • Fingerspitzengefühl bei gesellschaftlich sensiblen Themenfeldern (z.B. Religion, Kolonialgeschichte, Demokratiedefizite); diese sollten nicht in öffentlichen Sitzungen angesprochen werden
  • Seniority matters: Antrittsbesuche mit hochrangiger Besetzung sind ein Zeichen der Wertschätzung, z.B. durch Miteinbeziehen der eigenen Hochschulleitung und weiteren Professor*innen

Eine offene, wertschätzende und kultursensible Kommunikationspraxis ist der Grundstein einer erfolgreichen Kooperationsanbahnung. Prof. Dr. Christian von Lübke macht dies anhand des Beispiels der HTWG Konstanz deutlich. So pflegt die HTWG Konstanz mittlerweile Partnerschaften zu führenden indonesischen Hochschulen, die Studierenden Semesteraustausche, Doppelabschlüsse und Kurzzeitaufenthalte ermöglichen - darunter die University of Indonesia (UI)Universitas Gadjah Mada (UGM) und die Universitas Negri Jakarta (UNJ). Insgesamt gibt es in Indonesien mehr als 4.600 Universitäten, deren Qualität und Eignung für internationale Kooperationen durch das indonesische Akkreditierungssystem BAN-PT sowie die in Indonesien tätigen deutschen Akkreditierungsagenturen ACQUIN und AQAS überprüft werden kann.

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