Bereits zum vierten Mal bot BW_i am 12. November 2021 Hochschulvertreter*innen und Interessierten aus dem In- und Ausland die Möglichkeit, sich zum Thema Internationalisierung in der Hochschulwelt auszutauschen und zu informieren. Während der Fokus in den vergangenen Jahren auf Baden-Württemberg und den Hochschulen lag, nahmen dieses Jahr auch Redner*innen und Besucher*innen aus dem Ausland teil. Rund 70 Teilnehmer*innen aus über zehn Ländern schalteten sich virtuell in das eigens für die Veranstaltung eingerichtete Studio dazu.
Die Dialogveranstaltung gliederte sich in die drei Themenblöcke „Internationale Universitätsverbünde“, „Innovative Partnerschaften zwischen Industrie und Hochschulen“ sowie „Wissenschaft und Public Engagement“.
Internationale Universitätsverbünde
Als Vertreter*innen der Mitgliedsuniversität Tübingen stellten Dr. Volker Balli und Elisabeth Baier den europäischen Universitätsverbund „CIVIS – A European Civic University“, ein Zusammenschluss von neun führenden Forschungsuniversitäten mit geografischem Schwerpunkt auf Südeuropa und dem Mittelmeerraum, vor. Zu den Zielen von CIVIS gehören die Förderung von gesellschaftlichem Engagement und die Stärkung europäischer Werte unter kommenden Studierendengenerationen sowie der Ausbau globaler Beziehungen, besonders zu Afrika. Gemeinsame Innovation soll vor allem im Bereich der großen gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts entstehen. Um dies zu erreichen sind unter anderem interdisziplinäre Verbünde, verbesserte und neue Formen der Mobilität von Studierenden und Forschenden sowie strategische Partnerschaften geplant. „Wir wollen die Ausbildung von Studierenden modernisieren. Unser Ziel ist es, dass sie europäische und verantwortungsvolle Bürger*innen innerhalb und außerhalb Europas werden“, sagte Balli.
Einen weiteren Zusammenschluss europäischer Universitäten, die 4EU+ European University Alliance, präsentierte Joost Punstein von der Universität Heidelberg. Als älteste Universität Deutschlands gründete sie die länderübergreifende Allianz 2018 gemeinsam mit den Universitäten Prag, Heidelberg, der Sorbonne in Paris und Warschau mit dem Ziel einer vertieften Zusammenarbeit in den Bereichen Studium, Lehre, Forschung, Transfer und Verwaltung. Alle sechs Hochschulen sind Forschungsuniversitäten und umfassen zusammen 200.000 Studierende an 69 Fakultäten. Als eine große Aufgabe bei der Umsetzung der Idee einer europäischen Universität nannte Punstein die hohe Komplexität in Prozessen der Vereinheitlichung. „Wir müssen auch die Eigenständigkeit jeder Universität respektieren“, betonte er.
Innovative Partnerschaften zwischen Industrie und Hochschulen
Wie lässt sich eine Zusammenarbeit zwischen Industrie und Hochschulen so gestalten, dass möglichst viele Akteure davon profitieren, welche Formen und Formate gibt es dafür?
Das Innovation Centre Denmark des dänischen Außenministeriums in München (ICDK) pflegt und baut Beziehungen zwischen Dänemark und der DACH-Region aus. Ulrik Kjølsen Olsen, Research & Innovation Attaché am Münchner ICDK, verglich in seinem Vortrag Dänemark und Baden-Württemberg bezüglich Partnerschaften zwischen Unternehmen und Universitäten. Während diese in Dänemark vor allem durch private Stiftungen finanziert und durchgeführt werden, findet die Zusammenarbeit in Baden-Württemberg zwischen Industrie und Forschung direkt statt. Dass Dänemark und der deutsche Südwesten voneinander lernen können, zeige das Projekt „Industry on Campus“, welches dänische Unternehmen und Universitäten mit Forschungs- und Industriepartnern in Süddeutschland zusammenbringt. BW_i richtete dazu mit dem ICDK im Sommer 2021 die Talkreihe „Innovation Talks on Industry-on-Campus“ aus.
Mit InnoSÜD lernten die Teilnehmer*innen von „BW_i im Dialog“ eine regionale Transferallianz in Baden-Württemberg kennen. Im Rahmen der Initiative „Innovative Hochschule“ haben sich darin die Hochschulen Biberach und Neu-Ulm, die Technische Hochschule Ulm, die Universität Ulm und die Firma TriCAT zusammengeschlossen. Themenfelder sind Energie, Gesundheit und Biotechnologie sowie Mobilität und Transformationsmanagement. „Wir wollen, dass die Region Donau-Iller-Riß mittelfristig zu den Top 25 der wettbewerbs- und innovationsfähigsten Räumen in Europa gehört“, sagte Dr. Julia Kipper-Albertini, Geschäftsleiterin von InnoSÜD. Zu den innovativen Transferformaten der Allianz gehören unter anderem Gamification sowie Reallabore.
Die Vortragenden waren sich im Anschluss an die Vorträge in der Q&A-Session einig: Kooperationen zwischen Forschung und Industrie sind mit Herausforderungen verbunden. „Die Bedürfnisse der involvierten Akteure unterscheiden sich und es gilt, eine gute Balance zwischen den Partnern zu finden“, sagte Dr. Janosch Klebensberger, Innovations- und Transfermanager für Gesundheit und Biotechnologie bei InnoSÜD. Barbara Junger, Leiterin der Abteilung „Innovation und Talente“ bei BW_i fasste zusammen: „Verständnis für die jeweils andere Seite und Vertrauen sind wichtig.“
Wissenschaft und Public Engagement
Wie man die Öffentlichkeit an Wissenschaft teilhaben lassen und sie einbinden kann, zeigte Rebecca Beiter, Public Engagement Manager beim Cyber Valley, Europas größtem Forschungskonsortium im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) mit Sitz in Tübingen. In der Öffentlichkeit gebe es viele Vorbehalte gegenüber KI, die oft sehr emotional gefärbt seien. „Bücher und Filme behandeln KI meistens in Dystopien und lassen KI unheimlich erscheinen“, erklärte Beiter. Das Cyber Valley möchte aufklären und ein realistisches Bild von KI entwerfen. „Wir zeigen in unseren Formaten, wo Möglichkeiten und Grenzen von KI liegen, um besser mit Hoffnungen und Ängsten umzugehen.“ Ein Format ist zum Beispiel der Podcast „Direktdurchwahl“, in dem sowohl Wissenschaftler*innen als auch Menschen aus der Region zum Thema KI zu Wort kommen. Ein weiteres Format ist das „Journalist-in-Residence“-Programm, bei dem Journalist*innen für drei bis sechs Monate Einblick in die Arbeit des Forschungskonsortiums Cyber Valley bekommen und an ihrem Recherchethema zu KI arbeiten können. Um Wissenschaft und Gesellschaft noch näher zusammen zu bringen, müsse man auch an die Situation der Wissenschaftler*innen denken: „Unsere Wissenschaftler*innen sind hoch motiviert, ihre Forschungsergebnisse mit der Öffentlichkeit zu teilen. Es gibt aber eine Sprachbarriere – nicht alle unserer internationalen Forschenden sprechen Deutsch – und das Engagement kostet wertvolle Zeit, die bislang nicht in ihren täglichen Aktivitäten vorgesehen ist“, so Beiter.