Südafrika ist der führende Wirtschafts- und Industriestandort im südlichen Afrika und spielt eine bedeutende Rolle in der regionalen und globalen Wirtschaft. Das Land ist häufig strategischer Ausgangspunkt für den Markteintritt deutscher Unternehmen im südlichen Afrika. Baden-Württemberg trägt dieser Bedeutung Südafrikas mit einer eigenen Wirtschaftsrepräsentanz in Johannesburg, die Unternehmen aus Baden-Württemberg beim Markteintritt ins südliche Afrika unterstützt, sowie einer Partnerschaft mit der Provinz KwaZulu-Natal Rechnung.
Hervorragende Geschäftschancen in der Wasserwirtschaft
Die Geschäftspotenziale für baden-württembergische Firmen in Südafrika sind vielfältig. Ein Thema, das jedoch hochaktuell und von großer Bedeutung für den gesamten Industriestandort Südafrika ist, ist die Wasserversorgung des Landes. Südafrika zählt zu den trockensten Ländern der Erde und ist mit unregelmäßigen Regenfällen konfrontiert, die durch den Klimawandel weiter verstärkt werden. Die Verfügbarkeit von Wasser sinkt, während die Wassernachfrage durch Urbanisierung und wirtschaftliches Wachstum immer weiter steigt. Die Situation wird durch infrastrukturelle Mängel verschärft: Undichte Leitungen, ineffiziente Wasserzähler, eine marode Infrastruktur und auch das Fehlen technologischer Lösungen führen zu erheblichen Wasserverlusten. Danilla van Jaarsveldt, BW-Scoutin für die Provinz KwaZulu-Natal, spricht in Bezug auf die Wassersituation in Südafrika von einer „tiefen Krise“ und betont: „Wenn nicht rasch gehandelt wird, steuert das Land auf eine Katastrophe zu, die die bisherigen Stromausfälle bei Weitem übertreffen könnte. Selbst Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hat die Wasserkrise in seiner Rede zur Lage der Nation aufgegriffen – das zeigt, wie ernst die Lage tatsächlich ist.“ Die südafrikanische Regierung investiert in Lösungen – und setzt dabei gezielt auf internationale Expertise und Technologiepartnerschaften. Das eröffnet für Unternehmen aus Baden-Württemberg hervorragende Geschäftschancen – insbesondere in den Bereichen Wasseraufbereitung, Abwasserbehandlung und in der Kreislaufwirtschaft.
Um diese Potenziale vor Ort auszuloten, organisierte Baden-Württemberg International (BW_i) vom 4. bis 9. Mai 2025 eine Delegationsreise nach Johannesburg und Durban. Neun baden-württembergische Unternehmen nahmen teil, um Marktchancen im südafrikanischen Wassersektor zu identifizieren, Netzwerke Kontakte zu knüpfen und Geschäftsbeziehungen vor Ort aufzubauen.
Einblicke vor Ort: Unternehmensbesuche, Fachveranstaltungen und gezieltes Networking
Das Programm der Delegationsreise war äußerst vielfältig. Es beinhaltete fünf Unternehmensbesuche, ein Delegationsbriefing zur aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation in Südafrika (mit u.a. der Deutschen Botschaft in Südafrika, der GTAI und der AHK Südliches Afrika als Gastgeber), ein Roundtable und ein Netzwerk-Abend in Durban sowie eine ganztägige Fachkonferenz in Johannesburg. Vor Ort wurde die Delegation von Baden-Württembergs Wirtschaftsrepräsentanz in Südafrika sowie der AHK Südliches Afrika unterstützt und begleitet, die eine große Expertise und ein breites Netzwerk im südafrikanischen Wassersektor besitzen.
Die besuchten Unternehmen zeigten die Bandbreite möglicher Kooperationsfelder. In Johannesburg informierte die staatliche Trans-Caledon Tunnel Authority (TCTA) über ihre Arbeit zur Aufbereitung von saurem Grubenwasser. In Durban stand ein Austausch mit Umgeni-Uthukela Water, verantwortlich für die Wasserversorgung in der Provinz KwaZulu-Natal, auf dem Programm.
Aufschlussreich war zudem der Einblick in die Arbeit von Siza Water, ein Beispiel für eine Public-Private-Partnership im südafrikanischen Wassersektor, wo die Delegation eine interessante Führung durch die Wasseraufbereitungsanlage vor Ort erlebte.
Auch der Besuch bei internationalen Unternehmen stand auf dem Programm: So zeigte Interwaste der Delegation seine hochmoderne Anlage zur Abwasserbehandlung, während bei Alpla Packaging in Ballito eine automatisierte Recyclinganlage inklusive Wasserwiederverwertungsanlage besichtigt wurde – ein Modellprojekt für zirkuläres Wirtschaften in Südafrika.
Bei allen Unternehmensbesuchen wurde die baden-württembergische Delegation mit Herzlichkeit und Gastfreundschaft empfangen, für die Südafrika weltbekannt ist, und die eine nicht zu unterschätzende Grundlage für künftige Kooperationen darstellt.
Ein Höhepunkt der Reise war die ganztägige Fachkonferenz in Johannesburg unter dem Titel „Innovative Water Management for a Sustainable Future: German-South African Perspectives“. Moderiert von Vera Massie, Managerin des Wasserportfolios der AHK Südliches Afrika, bot die Konferenz u.a. fundierte Einblicke in den Zustand der Wasserinfrastruktur, technologische Lösungsansätze und die Herausforderungen und Potenziale der Wasserwirtschaft in Südafrika. Mit Beiträgen von Experten wie Benoit Le Roy (CEO von Water Ledger SA) sowie Paneldiskussionen zu Themen wie Überschwemmungen, Wasserknappheit und Energieeffizienz in Wassersystemen wurden zentrale Fragestellungen vertieft. Zudem konnte sich die baden-württembergische Delegation in individuellen „Pitches“ auf der Konferenzbühne vorstellen und ihre innovativen Lösungen und Dienstleistungen präsentieren.
Großes Interesse an Kooperationen mit baden-württembergischen Unternehmen
Die Delegationsreise hat deutlich gemacht: Südafrika ist offen für technologische Innovationen und Partnerschaften mit deutschen Unternehmen aus Baden-Württemberg. „Es gab viele inspirierende Gespräche – sowohl bei der Fachkonferenz als auch bei den Unternehmensbesuchen", resümiert Vera Massie. „Das Interesse südafrikanischer Unternehmen an einer Zusammenarbeit mit deutschen Firmen ist groß. Wir hoffen, dass daraus neue Möglichkeiten für gemeinsame Projekte zwischen baden-württembergischen und südafrikanischen Unternehmen entstehen."
Auch die Delegation zeigte großes Interesse, bestehende Aktivitäten in Südafrika auszubauen oder neu aktiv zu werden. Die Voraussetzungen sind gut, doch der Erfolg hängt von mehreren Faktoren ab: „Was Unternehmen mitbringen müssen, ist Geduld, der Wille zur echten Partnerschaft und die Bereitschaft, in Pilotprojekte zu investieren“, betont Vera Massie. Denn gerade bei innovativen Technologien braucht es Zeit, vor allem, wenn günstigere Alternativen aus anderen Märkten im Wettbewerb stehen.